Einer, der fehlt – Was eine Abschiebung nach Ghana bedeutet

Am 3. August wurde unser Freund Sayuti aus seiner Unterkunft im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (MSE) abgeholt und nach Ghana abgeschoben. Sayuti ist kein Einzelfall. Wir wollen hier verdeutlichen, was die Abschiebungen nach Ghana bedeuten und Überlegungen anstellen, wie wir Freund*innen über Kontinente hinweg unterstützen können.

Sayutis Geschichte – Warum jemand Ghana verlässt

Wie viele Ghanaer arbeitete Sayuti in Libyen, musste aber während des Bürgerkriegs das Land verlassen. Er wurde auf ein Boot Richtung Europa verfrachtet.

Sayuti kam als 18-Jähriger im Herbst 2015 nach Deutschland.

Er begann vor drei Jahren einen Deutschkurs bei Ehrenamtlichen in Demmin. So fand er Anschluss an Unterstützungsstrukturen. Gundula Meyer, ehrenamtliche Deutschlehrerin und Aktivistin im Cafe 3 K in Demmin und bei Pro Bleiberecht erzählt: „Wir haben zusammen gelernt, einen Gospelchor miteinander verwirklicht, mit dem Chor eine Reise nach Rügen unternommen, und natürlich viel gesungen. Auch im Demminer Fußballverein DSV 91 hat er mittrainiert.“

Im August 2016 begann der Landkreis MSE, dezentrale Wohnungen von Geflüchteten in Demmin zu kündigen und sie wieder zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkünfte zu verpflichten. So kam Sayuti in die Unterkunft in Jürgenstorf.

„Das hat all unsere Integrationsbemühungen in Demmin in Frage gestellt. Auch die Vereinsmitgliedschaft im Demminer DSV 91 war nicht mehr möglich.“, erzählt Gundula. Sayuti ist damit einer von Vielen, deren Möglichkeiten selbstbestimmt und mit Privatsphäre zu wohnen, hinter dem Spardruck der Landesregierung zurückstehen mussten. 2016 und 2017 wurden in beinahe allen Landkreisen in Mecklenburg-Vorpommern die Verträge dezentraler Wohnungen gekündigt.

Später wurde Sayutis Asylantrag abgelehnt und er bekam eine Duldung. Zum Glück fand Sayuti auch in Jürgenstorf einen sehr engagierten Unterstützer. In Waren begann er eine Maßnahme mit Berufsvorbereitung und Deutschkurs. Ein Ausbildungsbetrieb wollte Sayuti sogar als Bäcker ausbilden. Aber nach sehr langer Wartezeit kam von der Ausländerbehörde Neubrandenburg der Ablehnungsbescheid der Ausbildungsduldung. Begründet wurde dies damit, dass er nicht mitwirke seine Identität zu klären. Dies ist ein häufiger Grund, dass Ausbildungsduldungen abgelehnt werden. Viele Asylsuchende können keine Dokumente aus den Herkunftsländern besorgen. Dies mag daran liegen, dass sie dort nicht in Geburtsregister aufgenommen wurden, weil sie in ländlichen Regionen geboren wurden. In vielen Botschaften ist die Passbeschaffung ein langwieriges, umständliches und äußerst teures Unterfangen. Die Ausländerbehörden in Mecklenburg-Vorpommern lassen den Asylsuchenden aber kaum Zeit, obwohl ein Ermessensspielraum besteht.

Eine Möglichkeit zu bleiben: Bildung und Selbstbestimmung

Nach der Ablehnung des Asylantrags stand trotz aller Integrationsbemühungen einer Abschiebung Sayutis nichts mehr im Weg. Ganz im Sinne von MV-Innenminister Caffier und Bundesinnenminister Seehofer. Was die Law-und-Order-Politik übersieht, sind die individuellen Beweggründe der Menschen sich ein selbstbestimmtes und sinnstiftendes Leben aufzubauen. Für viele Geflüchtete bedeutet das: Bildung, eine Arbeit finden, ihre Träume verwirklichen. Damit stoßen Viele hier vor Ort durchaus auf offene Ohren, wie Sayutis potentieller Arbeits- und Ausbildungsgeber zeigt.
Machbar wäre das ganz einfach: Man müsste nur, statt immer weiter neue Isolations- und Abschiebegesetze zu erfinden, den Weg vom Asylverfahren in so etwas wie eine Aufenthaltserlaubnis für Bildung und Arbeit ermöglichen. Doch „konstruktiv“ scheint keine Kategorie der realpolitischen Debatte mehr zu sein.

Sayutis Situation – Das Ankommen in Ghana

Sayuti ist nun zurück in Ghana. Da er abgeschoben wurde und nicht „freiwillig“ ausgereist ist, hat er keinerlei finanzielle Unterstützung erhalten, um dort für die nächste Zeit seine Existenz zu sichern. Er hat keine Verwandten, nur seinen Bruder, der ihn kurz nach seiner Ankunft vorübergehend nach Kumasi geholt hat. In Ghana wird er voraussichtlich abhängig sein von Gelegenheitsjobs. In Deutschland hatte er die Chance auf Ausbildung und hätte seinen Bruder unterstützen können.

Auch hier steht Sayutis Geschichte beispielhaft für eine misslungene Migrationspolitik. Denn Migration und Diaspora könnte klug geplant äußerst sinnvolle „Entwicklungszusammenarbeit“ bedeuten. Global betrachtet fließt weit mehr Geld durch Geldsendungen aus der Diaspora in viele arme Länder als durch „Entwicklungshilfe“. Und Rückzahlungen kommen bei Menschen an, „Entwicklungshilfe“ bei (teilweise korrupten) Regierungen.

Wer sich vorstellen kann, Sayuti zu unterstützen und ein paar Euro zu spenden, kann dies gerne tun. Das Cafe 3 K sammelt Geld auf folgendes Konto:

Verein Demminer Bürger e.V.
Verwendungszweck: Cafe 3K Sayuti
Sparkasse Neubrandenburg Demmin
IBAN: DE56 1505 0200 0301 0160 20
BIC: NOLADE21NBS