Das System Flüchtlingslager ist ein kontrollsüchtiges System. Der aktuellen Debatte um Asylgesetzverschärfungen mangelt es - wie gewöhnlich - an der Perspektive der Betroffenen. Lest hier ein paar Worte zur Kontrolle in Lagern für Geflüchtete in MV.
So plant die Bundesregierung zwar weiter Grundrechte einzuschränken, doch der repressive und kontrollsüchtige Alltag, den das Leben im Heim bereits jetzt ausmacht, finden selten Erwähnung. Die Kontrolle ist engmaschig und auf Isolation ausgelegt. Denn ein Flüchtling ohne Freunde ist ein Flüchtling, den man ggf. leichter abschieben kann.
Besuche im Lager
Wer in einem Lager lebt und Besuch will, muss diesen bei Betreibern und/oder Security anmelden. Bei wem genau und mit welchem zeitlichen Vorlauf, das handhaben die Verantwortlichen in den Unterkünften unterschiedlich. Besuch muss um 22 Uhr das Haus verlassen. Manche Betreiber erlauben generell keine Übernachtungsgäste, manche nur mit Anmeldung. Zudem verbieten alle Unterkünfte in MV Gäste, die in den Aufnahmelagern in Horst und Sternbuchholz gemeldet sind. Besucher:innen müssen sich ausweisen, der Ausweis wird meist am Eingang von der Security einbehalten. Wer stört (meint: zu kritisch unterstützt), bekommt oftmals Hausverbot*. Betreiber und Security nehmen sich das Recht Zweitschlüssel zu privaten Räumen bei sich zu haben und die privaten Räume zu kontrollieren*, wann immer sie das möchten.
❗Break Isolation! Dieses System is fucked up! Besucht Freund:innen so oft wie möglich in den Lagern, um die Isolation zu durchbrechen. Macht BREAK ISOLATION zur politischen Praxis.
Rädchen im System
Die Regeln werden von den Betreibern der Lager (wie DRK, Malteser, European Homecare) in Hausordnungen* festgehalten und von ihnen und den Sicherheitsdiensten durchgesetzt. Auch rassistische Gesetze wie für ausbeuterische 80 Cent pro Stunde Klos putzen (kein Witz!) werden von den Betreibern durchgesetzt. Wer nicht schuftet, dem kürzt das Sozialamt die Leistungen*. Wer zu oft nicht da ist, dem kürzt das Sozialamt die Leistungen (Spezialität in MV vor allem im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde Neubrandenburg). Zuarbeit gibt's von Betreibern und Security. Oftmals helfen Betreiber und Security auch bei Abschiebungen* (obwohl das absolut nicht ihr Job ist), indem sie die Zimmer aufschließen oder den Cops verraten wer mit wem befreundet ist und gerade wo sein könnte.
❗Flüchtlingslager sind Kontrollinstrumente, in denen Erwachsene wie kleine Kinder behandelt werden. Sie müssen weg! No Lager! Recht auf Wohnungen!
Regelwerk
Die Rahmenbedingungen für die Lager in MV sind in einer Verordnung geregelt. Hier drin steht zB, dass einem Asylsuchenden 6qm Wohnraum zur Verfügung stehen. In neu gebauten Unterkünften gibt es manchmal tatsächlich so kleine Zimmer. In anderen Unterkünften wird eben mit dem gerechnet, was da ist: 20qm für 3 Leute, 12 qm für 2 Leute. Diese Verordnung ist von 2001, älter also als die flächendeckende Anbindung ans Internet. Für die Erstaufnahmelager in Horst und Sternbuchholz und die sogenannten "Notunterkünfte" wie die Industriestraße Rostock gibt es gar keine Regeln. Spoiler: Das macht's schlimmer.
❗Immer wieder gibt es Proteste gegen Sammellager und die Bedingungen, die dort herrschen. In den 2000er Jahren sorgte beispielsweise das No Lager!-Movement dafür, dass das "Dschungelheim" in Tram geschlossen wurde. Vor Kurzem protestierten in Rostock Bewohner gegen die Industriehalle und die entwürdigenden Zustände dort. Unterstützt solche Proteste gegen institutionellen Rassismus!