Hausverbote in Flüchtlingsunterkünften

Nicht immer rechtens!

So manche*r Unterstützer*in kennt den Satz am Eingangstor „Wir dürfen Sie nicht mehr reinlassen" , ohne weitere Begründung durch die Behörden oder Betreiber. Wir haben uns aus diesem Grund zu den Themen Hausrecht und Hausverbot von einer Anwältin beraten lassen. Wir möchten die Einschätzungen gern teilen und damit nutzbar machen. Auf unserer Homepage unter bleiberecht-mv.org/hausverbote gibt es dazu detalliertere Infos.

Gegen Hausverbote kann und sollte vorgegangen werden! 
Flüchtlingslager (Erstaufnahmeeinrichtungen, Ankunftszentren, AnkER-Zentren) sind staatliche Zwangseinrichtungen. Die Gesetze rund um die Einrichtungen wurden in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Zugang einer kritischen Öffentlichkeit ist meist nicht gern gesehen. Als Unterstützer*innen sollten wir uns diesen erstreiten, dort wo Bewohner*innen der Einrichtungen dies möchten.

Die rechtliche Situation

Im Kapitalismus gilt das Hausrecht. Wem ein Grundstück etc. gehört, ist Hausherrin/Hausherr dieses Eigentums und kann damit das Hausrecht ausüben, d.h. Menschen vom Platz verweisen. Dies gilt grundsätzlich auch für den Staat und dessen Institutionen, wie z.B. Ministerien, Gerichte etc. Der Unterschied zwischen Staat und Privatperson liegt darin, dass der Staat seine Entscheidung begründen muss. Dabei muss er verschiedene Interessenslagen berücksichtigen und gegeneinander abwiegen. 

In den Flüchtlingsunterkünften müssen Menschen – vom Staat durch Gesetze zwangsverordnet – über einen längeren Zeitraum (hier besteht ein Unterschied z.B. zu Unterkünften für Obdachlose) wohnen. Da auch sie ein Hausrecht innehaben, überlagern sich an dem Ort der EAE unterschiedliche Hausrechte
 

Unterschiedliche Interessenslagen 

Wenn ein*e Unterstützer*in auf das Gelände möchte, müssen alle Interessen in Einklang gebracht werden:

1)     Sicherheitsinteresse des Staates
2)     Interesse der Bewohner*innen
3)     ggf. andere Interessen, wie Forschungsinteresse // Versammlungsfreiheit 

Beispiel 1: Interesse der Bewohner*innen
Grundsätzlich versteht sich der Staat in der Rolle des Beschützers: Die Interessen der Bewohner*innen sollen geschützt werden. Insbesondere Einladungen von Bewohner*innen wiegen schwer: Sollte jemand eingeladen sein und es liegen keine offiziellen Belange gegen die Person vor (siehe Bsp. 2), müsste sie auf das Gelände kommen.

Anmerkung: Der Staat betreibt/legitimiert Zwangseinrichtungen und nimmt dabei in Kauf, dass die Bewohner*innen Grundrechte verlieren, zum Beispiel bei Zimmerkontrollen und Zimmerdurchgängen durch die Betreiber und Abschiebungen. Er handlt damit selbst entgegen der Interessen der Bewohner*innen.

Beispiel 2: Sicherheitsinteresse des Staates
Das Sicherheitsinteresse des Staates wiegt bei der Abwägung ebenfalls hoch. Die Sicherheit kann gefährdet sein, wenn jemand auf dem Gelände agitiert oder die öffentliche Ordnung gefährdet (Klischee: Nazis wollen aufs Gelände, um die Unterkunft anzuzünden). Dazu ein reales Beispiel aus MV: Eine Sozialwissenschaftlerin hat im Rahmen eines Forschungsvorhabens beim Innenministerium Zugang zum Aufnahmelager beantragt. Einige Monate zuvor war sie bei einer Protestaktion anwesend. Die Einrichtungsleitung verweigert ihr den Zutritt zum Gelände.

Wenn es eine solche ‚sicherheitsrelevante‘ Vorgeschichte gibt, kann damit das Hausverbot begründet werden. Als ‚sicherheitsrelevant‘ gelten nur handfeste Gründe oder Vorkommnisse, wie bspw. eine Anzeige oder ein laufendes Verfahren. Nur, weil der Institution Menschen aus der aktivistischen Arbeit ‚bekannt‘ und sie daher ‚ungern gesehen‘ sind, kann kein Hausverbot ausgesprochen werden. 

Beispiel 3: Versammlungsfreiheit

Wenn begründet werden kann, dass eine Mahnwache/Demonstration/ein Protest exakt an diesem Ort stattfinden muss, d.h., dass der spezifische Ort eine Rolle für die Versammlung spielt, kann auch hier zugunsten der Versammlungsfreiheit entschieden werden.  Denkbar wäre zum Beispiel eine Protestdemo in der Erstaufnahmeeinrichtung gegen schlechte Essensversorgung in der Kantine, die direkt vor der Kantine stattfinden soll und die auch Unterstützer*innen besuchen wollen.