Seit 70 Jahren gibt es die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. PRO BLEIBERECHT gratuliert zum Geburtstag und mahnt.
"Jeder Mensch hat das Recht Rechte zu haben."
Die deutsch-jüdische Philosophin Hannah Arendt schrieb diese Worte 1949, nachdem sie im Jahr 1933 vor dem Nazi-Regime fliehen musste, in französischen Internierungslagern untergebracht wurde und letztendlich in die USA emigrierte.
Ihre Worte sind jedoch kein Ausdruck von großer Zuversicht. Vielmehr kritisiert Arendt den universellen Anspruch der Menschenrechte: Ihr edler Anschein, bedingungslos zu gelten, sei ein leeres Versprechen.
Ein Blick zurück
Am 10. Dezember 1948 wurde die UN-Menschenrechtscharta von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris verkündet. Sie gilt als Symbol für Freiheit, Würde, Gleichberechtigung und Frieden – sie schillert als helles Licht am fernen Horizont. Und macht sich heute bestimmt hervorragend in den Büros und Schubladen der UN-MitarbeiterInnen.
In Artikel 1 ist die Rede davon, dass alle Menschen mit den gleichen Rechten geboren sind. In Artikel 3 wird vom Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit gesprochen, in Artikel 12 davon, dass niemand willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung ausgesetzt werden darf. In Artikel 23 ist vom Recht auf Arbeit die Rede, in Artikel 26 vom Recht auf Bildung.
Und heute?
Heute stehen wir hier und stellen fest: Wir haben ein Problem. Denn abstrakte Menschenrechte nützen wenig. Ein Begriff wird zur Phrase, wenn er nicht kontinuierlich kritisch hinterfragt und neu gedacht wird.
Das sehen wir, wenn täglich Menschen vor den Grenzen Europas im Mittelmeer ertrinken, wenn hunderttausende weltweit in Lagern kaserniert werden, wenn Abschiebungen in Krisengebiete als „Heimatliebe“ verkauft werden.
Ein Tipp von Hannah Arendt:
„Der Begriff der Menschenrechte kann aufs Neue sinnvoll werden, wenn er im Lichte gegenwärtiger Erfahrungen und Umstände formuliert wird.“
Und auch deshalb sind wir heute, am Internationalen Tag der Menschenrechte, mit einer Kundgbeung vor der Erstaufnahmestelle Sternbuchholz in Schwerin.
Denn die Frage nach Menschenrechten ist immer auch eine Frage nach Bürger und Nicht-Bürger, nach Staat und Staatenlosigkeit, nach Grenzen und Zäunen und danach, wer mir meine Menschenrechte zusichert, wenn Regierungen von Autokraten geführt werden, auf Unterdrückung aufbauen, wenn ganze Staatssysteme auf dem rechten Auge blind werden. Eine Frage nach Rechten ist immer eine Frage nach Macht