Bei den Demos gegen die Zusammenarbeit von CDU/CSU und #fuckAfD in Rostock und Greifswald kurz vor der Bundestagswahl haben wir einen Redebeitrag gehalten. Ihr könnt ihn hier nachlesen.
Wir sind soweit, dass die meisten Parteien ihre rassistischen und unmenschlichen politischen Absichten nicht mehr zu verstecken versuchen. Mensch kann die Sprüche der verschiedenen Parteien verwechseln. Sicherheit, Recht, Ordnung, Grenzen im Vordergrund. Dabei gehen Sicherheit und Migration Hand in Hand. Die Remigrationsvorstellungen von der AfD inspirieren weit über rechtsextreme Kreise. Rechte müssen nicht mal an der Macht sein, damit Freiheiten von Migrant*innen und Geflüchteten eingeschränkt werden. Z.B. wenn „linke“ Koalitionen wie hier in MV sich für die Einführung der Bezahlkarte aussprechen.
Kein Wunder, dass die Gesellschaft immer mehr nach rechts rückt.
Wo findet linke engagierte Politik statt?
Die Geschichte zeigt schon lange: Was machen Parteien, wenn sie an die Macht kommen? Progressive Wahlversprechen verraten. Um die eigene Politik an neoliberale wirtschaftliche kurzzeitige Interessen anzupassen. Wenn Scholz sagt „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“, dann kein Wunder, dass Menschen rechter wählen. Wenn es um Hass- und Ausgrenzungsfantasien geht, ziehen Menschen das Original der Kopie vor. Das Ganze trägt alltäglich zur Faschisierung der Gesellschaft bei.
Seit wann habe ich bei so einer Kundgebung nicht mehr von einer ehrlichen No-Border-Politik und von grenzenloser Solidarität gehört?
Das ist auch ein Zeichen für diese Faschisierung. No-Border-Politik sollte kein utopischer Gedanke sein, den Menschen nicht aussprechen können. Genau jetzt ist es wichtig darüber zu reden und kompromisslos Druck auf Parteien und Institutionen auszuüben. Die Bewegungsfreiheit als Grundrecht ist eine unverzichtbare Basis gegen Faschismus, Krieg und die Folgen der Klimaerwärmung. Migrant*innen und Geflüchtete sind Menschen und keine Zahlen oder Bedrohungen, wie die meisten Politiker*innen behaupten.
Viele von uns, Ausländer*innen, haben kein Wahlrecht hier. Es ist irgendwie so wenig Thema. Wir können uns Sorgen machen, darüber reden, auf die Straße gehen, aber wählen dürfen wir nicht. Bei vielen merke ich ein Ohnmachtsgefühl, das ich selber auch kenne. Warum und wie kann ich mich beteiligen, wenn ich eh nicht mitgedacht werde? Die meisten Parteien machen keine Politik für Geflüchtete und Migrant*innen, weil sie uns nicht als Teil ihrer Klientel wahrnehmen. Es gibt 12 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Staatenlose in Deutschland, die auf staatlicher Ebene nicht wählen dürfen. Im Vergleich dürfen etwa 60 Millionen Menschen wählen, darunter 12% mit sogenannter Migrationsgeschichte.
Für mich geht es beim Wählen darum, meine nächsten politischen Gegner*innen zu wählen. Bei der Linken, der SPD, den Grünen ist es noch möglich Druck auszuüben, um emanzipatorische Projekte zu führen. Wenn die Faschos tatsächlich an die Macht kommen, werde ich immer noch da sein, aber eine Sache ist klar, es wird schnell keine Gelder und Platz mehr für emanzipatorische Projekte geben. Das Ziel wird noch mehr als jetzt und nur noch das Überleben und der Kampf gegen den Faschismus sein.
Auf der Straße gegen das Zustrombegrenzungsgesetz habe ich in den Augen meiner migrantischen Friends Freiheit gesehen. Für viele wäre so eine Demo in der Heimat nicht möglich oder Synonym von Repression und Verhaftung. Es tat gut, einen Moment von Solidarität und Hoffnung gemeinsam zu erleben.
Ich darf nicht wählen aber, kann noch auf die Straße gehen, wir sehen uns dort!