Am 13. Mai fand in Glückstadt vor dem Abschiebeknast die Demo "... bis der Knast wieder schließt!" statt. Es gab viele bewegende Redebeiträge von derzeitigen und ehemaligen Insassen, von Angehörigen von Abgeschobenen und von Unterstützer:innen. Ein Beitrag kam von Sami, den die Ausländerbehörde Neubrandenburg noch im Oktober in den Iran abschieben wollte. Lest hier den Beitrag.
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich stehe heute vor euch, um über meine Erfahrungen im Abschiebegefängnis Glückstadt zu sprechen. Ich war dort vom 7. bis zum 10. Oktober drin. Als mich die Polizei am 6. Oktober in Stavenhagen verhaftet hat, haben sie nicht gesagt, dass es um Abschiebung ging. Ich verbrachte eine Nacht in einer Zelle, ohne meine Brille und ohne Informationen.
Als ich in Glückstadt war, wurde ich behandelt, wie ein gefährlicher Krimineller. Sie brachten mich dazu, mich selbst zu hassen und mein Selbstvertrauen zu verlieren. Ich fühlte mich sehr fremd und hatte schreckliche Albträume. Jedes vorbeifliegende Flugzeug war wie eine Kugel in meinem Kopf.
Wegen dieser schlimmen Erfahrung bin ich nach meiner Freilassung nicht mehr derselbe Mensch. Ich bin in Therapie, denn ich vergesse viele grundlegende, alltägliche Dinge.
Ich fühlte mich in Glückstadt so kontrolliert, dass ich alle meine Daten gelöscht habe, um ihnen keine Informationen zu geben. Ich habe jetzt keine Fotos mehr, keine Nachrichten oder E-Mails. Alles weg.
Ich wurde freigelassen, weil meine Festnahme illegal war. Die Abschiebung in den Iran war verboten. Ich verdanke meine Freiheit meinen Freunden von ProBleibrecht und den mutigen Menschen im Iran, die gegen die Diktatur der Mullahs kämpfen.
Seit sieben Monaten bin ich nun frei, aber mein Leben hat sich durch diese Erfahrung komplett verändert. Jetzt spüre ich, wie wichtig Freiheit im Leben ist. Ein großes Land wie Deutschland sollte seine Gäste, die Flüchtlinge, nicht abschieben. Sie haben keinen anderen Ort, an den sie gehen können.
Ich träume von einer Welt ohne Gefängnisse und ohne Gefangene. Hier wird den Menschen die Hoffnung genommen. Die Freiheit von Menschen zu nehmen, ist so, als würde man einer Taube die Flügel abschneiden. Das ist das, was Diktatoren tun.
Ich war in einem diktatorischen Land und hier wollten sie mich in den Käfig namens Iran zurückschicken. Aber wie immer sah ich den Regenbogen und wurde wieder frei. Ich bin zwar aus dem Gefängnis entkommen, fühle mich aber immer noch eingesperrt. Eingesperrt in den Käfigen, die Regierungen für uns bauen und uns glauben machen wollen, dass wir glücklich sind. Es ist an der Zeit, diesen großen Käfig abzuschaffen, den ihr für die Menschen geschaffen habt.
Lasst die Menschen frei und gebt ihnen gleiche Rechte. Dann werdet ihr sehen, dass es keine Notwendigkeit für Gefängnisse gibt. Es gibt Bedarf an Schulen, Akademien und gutes Leben für alle. Ihr sollt die Menschen lieben, statt sie zu hassen, und sie werden euch ebenfalls lieben.
Ich wünsche den Menschen, die noch in Glückstadt und anderen Gefängnissen sind, und den iranischen Gefangenen, viel Kraft und Freiheit. Eines Tages werden wir gemeinsam das Lied der Freiheit singen.
Auf Freiheit! Vielen Dank.