Unsichtbare Lebenszeit: Prekäre Ausbildungsduldung

16 Jahre CDU/CSU an der Spitze der Bundesregierung sind nachh wie vor spürbar. Zum Beispiel beim Thema Ausbildungsduldung. Wir haben folgende Mail an die Integrationsbeauftragte des Bundes, an die Rostocker Bundestagsabgeordneten und die Mitglieder des Bundesinnenausschuss, sowie das Bundesinnenministerium geschickt.

Die Anfrage

Sehr geehrte Frau Alabali-Radovan,

gestern begleitete jemand aus unserer Unterstützungsgruppe für Asylsuchende eine Unterredung mit der Ausländerbehörde Rostock, die ein Problem zu Tage gefördert hat, das sicherlich viele Menschen teilen, die derzeit eine Aufenthaltserlaubnis für eine in Deutschland abgeschlossene qualifizierte Berufsausbildung (§19d AufenthG) haben:

Meistens ist es so, dass Menschen, die sich 5 Jahre rechtmäßigerweise in Deutschland aufhalten, 5 Jahre Rentenversicherungsbeiträge gezahlt haben (und einige andere Voraussetzungen erfüllen) eine Niederlassungserlaubnis bekommen können. Die Menschen, die für eine Ausbildung eine Ausbildungsdulung erhalten haben, gehen davon aus, dass sie sich in dieser Zeit rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Das Gesetz erlaubt ihnen hier zu sein, die Behörden organisieren keine Abschiebungen und die Gesellschaft freut sich über ihren tatkräftigen Beitrag.

Leider werten die Ausländerbehörden die Ausbildungszeit nicht als rechtmäßige Aufenthaltszeit, da sie nur geduldet ist. Die Ausländerbehörde Rostock sagte uns explizit und sehr deutlich: Vom Gesetzgeber sei es nicht gewünscht, dass diese Menschen mit Duldung schnell eine Niederlassungserlaubnis bekämen. Diese Schlechterstellung gegenüber Ausgebildeten nach Fachkräfteeinwanderung (§18a AufenthG) sei explizit gewünscht.

Wir gehen davon aus, dass dies Wünsche des alten Gesetzgebers, insbesondere des CDU/CSU-Innenministeriums sind. Die Ausbildungsduldung an sich stellt schon einen unsicheren aufenthaltsrechtlichen Status da, der Menschen oft in prekäre Beschäftigungsverhältnisse und in Abhängigkeit zu den Arbeitgeber:innen zwingt. Die Konzeption der Ausbilungsduldung fand durch das CDU/CSU-Innenministerium statt und kann nicht im Sinne sozialdemokratischer Aufenthaltsgesetzgebung sein, die doch immer auch die Interessen der Lohnabhängigen im Blick haben sollte.

Wir würden uns sehr freuen, wenn im Zuge der Überarbeitung des Aufenthaltsgesetzes eine Gleichstellung stattfindet - und damit die Würdigung des gesellschaftlichen Beitrags, den viele Geflüchtete durch ihre Ausbildungen und Arbeitskraft leisten.

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie als Integrationsbeauftragte folgende Anliegen an das Bundesinnenministerium heran tragen könnten:

  • Die Ausbildungsduldung muss in eine Aufenthaltserlaubnis überführt werden, um die Position der Arbeitnehmer:innen gegenüber den Arbeitsgeber:innen zu stärken.
  • Es muss Übergangs- bzw. Altfallregelungen geben, die bereits vergangene Aufenthaltszeiten während einer Ausbildungsduldung als rechtmäßigen Aufenthalt anerkennen, um einen schnellen Übergang in unbefristeten Aufenthalt (Niederlassungserlaubnis) und Einbürgerung zu gewährleisten.

Wir freuen uns über eine Rückmeldung und auch eine Einschätzung zur Haltung des Bundesinnenministeriums in dieser Frage.

Mit freundlichen Grüßen,
Pro Bleiberecht MV

Die Antworten

FDP-Bundestagsabgeordneter Hagen Reinhold

Sehr geehrte Frau X,

wir haben Ihr Schreiben zu Frau Alabali-Radovan erhalten.
Ich habe mich innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion für Sie zu Ihrem Anliegen erkundigt und kann folgende Informationen an Sie weitergeben:

Die Ausbildungsduldung soll künftig als Aufenthaltserlaubnis ausgestaltet werden. Dies ist auch ausdrücklich Inhalt des Koalitionsvertrags: "Wir wollen Geduldeten in der Ausbildung und ihren Betrieben mehr Rechtssicherheit durch eine Aufenthaltserlaubnis (§ 60 c AufenthG) verleihen."

Zur Frage der Übergangs- und Altfallregelung kann ich Ihnen noch keine weiteren Auskünfte geben. Das ist bisher nicht im Koalitionsvertrag geregelt. Das sind jedoch Fragen, die in das parlamentarische Verfahren mitgenommen werden können, sobald der entsprechende Gesetzesentwurf auf den Weg kommt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Herzliche Grüße

X
Referentin im Wahlkreisbüro Schwerin von Hagen Reinhold, MdB, Vorsitzender der Landesgruppe Ost der Fraktion der Freien Demokraten