Redebeitrag: Glückstadt ohne Abschiebehaft!

Hier findet ihr unseren Redebeitrag zum Aktionstag, den wir in Schwerin und Rostock gehalten haben. Wer weitere Infos sucht, um sich zu informieren, hier ein paar Tipps:

Break the Isolation – Portraits aus dem Abschiebegefängnis

Wir zeigen hier die Ausstellung "Break the Isolation – Portraits aus dem Abschiebegefängnis". Darin werden die Geschichten von Personen im hessischen Abschiebegefängnis Darmstadt-Eberstadt sichtbar gemacht. Die Geschichten der inhaftierten Menschen entstanden im Rahmen von Haftbesuchen. Die Künstlerin Paulina Stulin portraitierte mehrere der inhaftierten Menschen. Das Kunstprojekt ist eine Möglichkeit Betroffenen wieder ein Gesicht und eine Stimme zu geben. Die durch die Abschottung und Isolation im Abschiebegefängnis unsichtbar und unhörbar gemacht werden sollen. Die Geschichten handeln von politischer Verfolgung, Ausschluss- und Gefängniserfahrungen.

Abschiebeknast Glückstadt eröffnet bald

Anlass für unsere Aktion ist der Aktionstag gegen Abschiebehaft, der heute in MV, Schleswig-Holstein und Hamburg stattfindet. In diesem Frühling wird das Abschiebegefängnis in Glückstadt eröffnet. Dort wollen die Länder Schleswig-Hohlstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern Menschen inhaftieren, die abgeschoben werden sollen.

Im Kern geht es dabei darum, Menschen zu inhaftieren, um sicherzugehen, dass sie abgeschoben werden. Wie absurd ist das, Menschen ihre Freiheit zu nehmen, nur weil sie frei entscheiden möchten an welchem Ort sie leben wollen. Wie absurd ist das, Menschen ihre Freiheit zu nehmen und sie danach in Zustände zurück zuschicken, vor denen sie geflohen sind.

Grundlegend dafür ist die menschenverachtende Praxis der deutschen Behörden und der europäischen Politik.

Was ist Abschiebehaft?

Abschiebungshaft ist staatlich angeordneter Freiheitsentzug, im Amtsdeutsch: Eine Verwaltungsmaßnahme. Sie wird nicht aufgrund einer Straftat verhängt, sondern dient einzig der "Sicherung oder Vorbereitung der Abschiebung von ausreisepflichtigen Ausländer*innen". Beantragt wird sie von den Ausländerbehörden oder der Bundespolizei bei den zuständigen Amtsgerichten, die dann über die Anträge entscheiden. Zum Beispiel dann wenn Menschen sich wehren und ihre Abschiebung selbst verhindern.

Bis 1990 kam das Instrument der Abschiebungshaft kaum zur Anwendung. Im Zuge der Einengung des Asylrechts, auch im Kontext von Rostock-Lichtenhagen, wurde u.a. im Abschiebungshaftparagraphen der Passus eingefügt, dass der »begründete Verdacht«, dass die betroffene Person »sich der Abschiebung entziehen will« ausreicht um die Abschiebungshaft anzuordnen. Hier wird der selbstbestimmte Widerstand der inhaftierten Menschen und ihr Wunsch sich selbstbestimmt für ein sicheres Leben zu entscheiden Haftgrund und stark sanktioniert. So wird zum teil in Abschiebegefängnissen Isolationshaft verhängt. Die Isolationshaft als solche und damit auch ihre Rahmenbedingungen sind gesetzlich in der Regel nicht festgeschrieben. Die Unterbringung von Gefangenen unter Isolationsbedingungen wird international von Menschenrechtsorganisationen geächtet und als Foltermethode bezeichnet.

1992 wurden zusätzlich sogenannte zwingende Haftgründe (wie unerlaubte Einreise; Umzug, ohne der Ausländerbehörde dies mitzuteilen: Nichterscheinen zu einem Abschiebungstermin; sonstiger Entzug der Abschiebung; begründeter Verdacht, sich der Abschiebung entziehen zu wollen) eingeführt. In der Praxis bedeutet dies: erscheinst du nicht zu deinem Aschiebungstermin, wirst du inhaftiert, um abgeschoben zu werden. Erscheinst du zu dem Termin wirst du inhaftiert und abgesschoben. Zwingend bedeutet, dass die Anordnung der Abschiebungshaft nicht mehr nur Ermessenssache der zuständigen Behörden ist, sondern unter den bestimmten Umständen zwingend angeordnet werden muss. Auch 2019 wurde die Abschiebehaft verschärft, insbesondere wieder die Haftgründe. Sie sind nun so ausgeweitet, dass sie nahezu jeden Menschen betreffen, der nach Deutschland geflohen ist. Das ist nur ein Beispiel von mehreren, an dem man sieht, dass die aktuellen Asylgesetzverschärfungen Parallelen zu den Verschärfungen der 90er Jahre aufweisen.

Abschiebehaft erlaubt den Behörden Menschen bis zu 18 Monate hinter Gitter zu bringen, obwohl sie keine Straftat begangen haben. Peter Fahlbusch ein Anwalt, der viele Inhaftierte vertritt, betont immer wieder das fast 50% der Inhaftierten zu unrecht Inhaftiert sind.

Ende 2014 untersagte der Europäische Gerichtshof endgültig Abschiebungshaft in Justizvollzugsanstalten (JVA) zu vollziehen. Das ist der Grund warum nun das neue Abschiebegefägnis in Glückstadt gebaut wird. Bis Glückstadt eröffnet wird, werden weiterhin und sind Menschen im "Normalen Knast" in Neustrelitz inhaftiert. In Abschiebehaft verschwinden Menschen und ihre Geschichten aus der öffentlichen Wahrnehmung.

Abschiebegefängnisse und Abschiebelager in Deutschland sind das Pendant zu den scharf bewachten Außengrenzen Europas. In der Abschiebehaft offenbart sich die deutsche und europäische Abschottungspolitik ungeschminkt: sie geht einher mit der militärischen Abwehr von Geflüchteten an den EU-Außengrenzen und mit der Internierung in den sogenannten Hotspots. Die Verantwortung Europas für die Fluchtgründe der Schutzsuchenden und ihrer berechtigte Angst vor erzwungener Rückkehr in Krieg, Unterdrückung, Perspektivlosigkeit und/oder Armut, wird im Abschiebevollzug ausgeblendet.

Unsere Antwort darauf: Freiheit, Unterstützung, Solidarität - statt Repression und Abschiebung

Auf die Repression der Behörden antworten wir: Wir machen weiter! Wir werden auch in Zukunft solidarische Unterstützungsformen entwickeln. Wir werden auch in Zukunft für Freiheit und gegen Rassismus kämpfen. Und gemeinsam mit von Inhaftierung bedrohten Menschen auf das Thema aufmerksam machen, die Menschen in Abschiebehaft nicht in Isolation alleine lassen und versuchen Räume zu ermöglichen, wo ihre Stimmen gehört werden.

Unterstützt Menschen in Abschiebehaft in Glückstadt und überall!