Gestern haben wir eine Tagesreise ins ehemalige Konzentrationslager Neuengamme gemacht, um uns unter dem Motto „Nie wieder!“ mit dem deutschen Faschismus und dem Vernichtungssystem zu befassen.
Besonders beschäftigte uns die Frage, wie das Konzentrationslager in der Gesellschaft außenrum eingebunden war. Die Führung begann deswegen in Hamburg-Bergedorf auf der Dove-Elbe, auf dem Vierlanden Ewer, einem nachgebauten Traditionsschiff.
Ein ca. 6km langer Kanalabschnitt zwischen der Dove-Elbe und dem KZ Neuengamme wurde über drei Jahre hinweg von KZ-Häftlingen ausgebaut. Von einem kleinen Bächlein bauten ihn tausende Zwangsarbeiter zu einem ca. 30 Meter breiten Kanal aus, auf dem später die Ziegel abtransportiert wurden, die im KZ von weiteren Zwangsarbeitern hergestellt wurden.
Die Fahrt auf der Dove-Elbe, vorbei an teuren Häusern mit Wasserzugang, machte sehr eindrücklich klar: Alle Menschen, die in der Nähe des Lagers gewohnt haben, wussten was dort passiert. Bei der harten Zwangsarbeit am Kanal starben im Winter bis zu 30 Menschen täglich, die abends über die Landstraße zurück ins Krematorium des Lagers gebracht wurden. Die Menschen in den angrenzenden Dörfern profitierten vom KZ, vor allem durch profitable Lieferverträge und den Einsatz von Zwangsarbeitern in ihren Betrieben. Neuengamme war ein KZ mit mehr als 80 Außenlagern, in denen Zwangsarbeiter im ganzen Stadtgebiet Hamburg in Firmen und auf Höfen eingesetzt wurden.
Ein Geländerundgang über die heutige Gedenkstätte führte uns entlang des Weges eines Insassen. Von der Ankunft in Viehwaggons über Repressionsinstrumente wie Appel-Stehen und Bunkerhaft, über die Arbeitsstätte in der Tongrube und Ziegelei bis zum ehemaligen Krematorium und zum Haus des Gedenkens. Im Stammlager Neuengamme fielen etwa 50.000 Menschen der deutschen Politik der „Vernichtung durch Arbeit“ zum Opfer.
Die Tour begleitete ein Bildungsreferent der Gedenkstätte. Er berichtete aus 20 Jahren Gedenkarbeit vor Ort. Dabei wurde auch deutlich: Das Gedenken an die NS-Vernichtungsmaschinerie wurde hart erkämpft, allem voran von den Überlebenden und Angehörigen der Ermordeten. Die Nachnutzung des Geländes war bis in die 1990er Jahre geprägt von Vermietung einzelner Abschnitte sowie Hafteinrichtungen. Die deutsche Gesellschaft versuchte ihre Verbrechen zu verschleiern, ihre Opfer forderten deren Anerkennung ein und setzten sie schließlich durch.
Denjenigen von uns, die noch nie eine KZ-Gedenkstätte besucht hatten, ist das Lagersystem des deutschen Faschismus durch die Bildungsreise viel besser vorstellbar geworden. Der Blick auf die Einbindung des KZs in der Gesellschaft bot viele neue Informationen.
„Erinnern heißt verändern“ ist fest im Gedenken an heutige rassistische Gewalt verankert. Wir können dies auch hier anlegen. Das Erinnern an die deutschen Verbrechen der Vergangenheit mahnt uns des „Nie wieder!“ für die Zukunft.
Nie wieder Faschismus.