Die AfD und das Assad-Regime

Bei der Demo gegen rechts am 6. Februar in Schwerin sagte ein Redner: "Ich habe meine erste Heimat durch Bashar al-Assad und seine Faschisten verloren. Ich werde nicht zulassen, dass ich meine zweite Heimat auch verliere". Ihm ist und war - vermutlich im Gegensatz zu den meisten Menschen in Deutschland - bewusst, dass der syrische und der deutsche Faschismus eng verbunden sind.

Seit 2015 sind Asylsuchende aus Syrien die größte Gruppe an schutzsuchenden Menschen in Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt hatten Assad und seine Anhänger bereits vier Jahre lang durch Belagerungen, Giftgas, Hinrichtungen und Folter bewiesen, dass sie ihre Drohung "Assad - oder wir brennen das Land nieder" wahr machen würden. Diese hatten sie zu Beginn des Arabischen Frühlings in Syrien ausgesprochen. Als Russland 2015 an der Seite Assads in den Krieg gegen die Bevölkerung einstieg, wurde vielen Menschen klar, dass dem Regime nun auch das nötige Geld und die nötigen Waffen zur Verfügung standen, um die oppositionelle Bevölkerung zu vernichten.

Rechte Akteur:innen in Europa bezogen von Anfang an rassistische Stellung gegenüber den Asylsuchenden. Islamfeindlicher Rassismus seitens Ungarn und Polen verhinderte beispielsweise, dass der sog. "Massenfluchtparagraf" 2015 auf europäischer Ebene aktiviert wurde, der 2022 das Ankommen für hunderttausende Ukrainer:innen sehr erleichterte. Bereits 2018 haben Vertreter der AfD das syrische Regime besucht, um damit ihre Propaganda "Syrien ist sicher" zu untermauern. Sie wollten für die Abschiebungen mit Russland kooperieren und zielten damit langfristig auf eine Normalisierung des Assad-Regimes auf der internationalen BühneAuch Rechtsextreme wie die Identitäre Bewegung haben in Plakatkampagnen diese Ideologie aufgegriffen und mit machoiden Slogans a la "echte Männer morden und sterben für ihr Land" ergänzt. Das erklärte Ziel dieser neurechten Ideolog:innen ist es, ihre rechtsextremen Weltbilder und Forderungen immer weiter in die Mitte der Gesellschaft zu schieben. Und es funktioniert. Nur zwei Jahre später sorgte die CSU und das Seehofer-Innenministerium dafür, dass der Abschiebestopp nach Syrien auf der Innenministerkonferenz nicht verlängert wurde und nun alle Jahre wieder Abschiebungen nach Syrien diskutiert werden.

Dass Faschist:innen so gut mit dem syrischen Regime können, ist kein Zufall. Es gibt historische Kontinuitäten. Schon 1933 hat sich die SSNP in Syrien und Libanon nach dem Vorbild der NSDAP gegründet*, sie besteht bis heute. Namhafte Nationalsozialisten wie Alois Brunner** haben nach ihrer Flucht aus Deutschland beim Aufbau des syrischen Geheimdienstes geholfen und deutsche Foltermethoden dorthin exportiert***. Die Bilder der Opfer der syrischen Folterknäste, die durch die CEASAR-Files an die Öffentlichkeit gedrungen sind, erinnern nicht zufällig an die Bilder der Opfer aus Konzentrationslagern. 

Man könnte meinen, wir wissen das. Man könnte meinen, wir ziehen hier in Deutschland Konsequenzen aus diesem Wissen und den historischen Kontinuitäten. 

Aber das tun wir nicht. 

Die deutsche Regierung zwingt Syrer:innen bis heute sich alle zwei Jahre gültige Pässe vom Regime zu kaufen, für 400-1000€. Mit diesem Geld finanziert das Assadregime den Phosphor, den es auf Idlib wirft. Es bezahlt die Folterknechte. Es gönnt sich selbst und seinen Günstlingen ein Leben in Saus und Braus. 

Die Mitte der deutschen Gesellschaft möchte außerdem seit einigen Monaten verhindern, dass syrische Asylsuchende Geld an ihre Familien in Türkei, Libanon, Syrien schicken. Deutsche Sozialleistungen sollen bitteschön in Deutschland ausgegeben werden, nicht für die Hungernden dieser Welt. Deswegen haben die Parteien der Mitte beschlossen: Bezahlkarte. Ein syrischer Regime-Gegner, den wir in einer Rostocker Geflüchtetenunterkunft getroffen haben und dessen Familie in Idlib sitzt, das bis heute immer wieder von Assad bombardiert wird, sagte uns dazu: "Assad hat es nicht geschafft meine Familie zu töten. Jetzt will die deutsche Regierung sie durch Hunger töten?".

Seit 2015 sind mehr als eine Millionen Syrerinnen und Syrer nach Deutschland gekommen. Viele von ihnen haben das Assadregime am eigenen Leib zu spüren bekommen, haben ihr Zuhause, ihre Freund:innen und Verwandte verloren oder bangen bis heute um deren Leben. Etwa 1,5 Millionen Syrer:innen, Kurd:innen und Palästinenser:innen, die aus Syrien geflohen sind, sitzen müde und frierend in Flüchtlingslagern in Libanon und Jordanien, insgesamt wurden mehr als 6 Millionen Menschen vom Regime aus ihrem Land vertrieben. Weitere 6 Millionen wurden innerhalb Syriens vertrieben. Mehr als 130.000 Menschen werden derzeit in den Folterknästen des Regimes vermisst.

Das sind Grausamkeiten, die wir alle täglich durch unser Schweigen decken. Dieses Schweigen müssen wir brechen. 

Sprecht mit euren Freund:innen und Kolleg:innen aus Syrien über die Revolution (wenn sie mit euch sprechen wollen). Ihr werdet viel über Demokratie und Freiheit lernen und wie man im Angesicht der faschistoiden Gewalt weiter kämpft

Macht euch klar: Es kommen Genoss:innen. Jede Asylgesetzverschärfung trifft auch sie. Legen wir einen neuen Maßstab an: Fordern wir Asylverfahren für zukünftige Freund:innen und zukünftige Kolleg:innen. Das ändert asylpolitisch alles. 

Beschäftigt euch mit dem, was in Syrien passiert. Entwickelt solidarische Forderungen dazu, die ihr laut und deutlich an die Bundesregierung tragt. Kein fucking Geld für das fucking Regime! Support für die demokratischen Basisbewegungen, die bis heute immer weiter und immer wieder aufbegehren, Grüße nach Suweyda!

Am 15. März ist der Jahrestag der syrischen Revolution. Stellt euch an diesem Tag an die Seite von syrischen Freund:innen und Kolleg:innen. 

Nieder mit Assad! 
Hoch die internationale Solidarität! 

* "Rechtspopulismus und Dschihad", Marc Thörner, Edition Nautilus
*** übrigens hat auch die DDR die Ausbildung des baathistischen Geheimdienstes und den Bau von Gefängnissen in den arabisch-"sozialistischen" Bruderstaaten Syrien und Irak unterstützt