Heute gab es solidarische Kundgebungen sowohl in Parchim als auch in Greifswald. Am Samstag findet eine Kundgebung in Neukloster statt. Wir setzen der rechten Hetze ein deutliches Refugees Welcome entgegen. Lest hier unseren Redebeitrag.
Wir sind heute hier, weil Faschisten und Rechte hier wie auch in anderen Orten von MV in den letzten Wochen vermehrt gegen Geflüchtete hetzen. Wir sind hier, weil wir ihrem unverhohlenen Rassismus ein klares "Refugees Welcome!" entgegensetzen werden.
Wir müssen uns dabei stets vor Augen halten, dass rassistische Hetze und Gewalt Hand in Hand gehen mit dem institutionellen Rassismus, der in unseren Gesetzen und der Abschottungspolitik steckt, die nach Seehofer nun von SPD, Grünen und FDP weitergeführt wird.
Ob nun Städte- und Gemeindetag, Bundesinnenministerium oder die Bundesintegrationsbeauftragte: Sie alle kommen der rechten Rhetorik von "zu vielen Flüchtlingen" entgegen, indem sie grausamere Grenzen, härtere Abschottung und mehr Abschiebungen fordern und planen. Das ist ein schwerer Fehler. Es war vor 30 Jahren ein schwerer Fehler, als kurz nach den Pogromen in Rostock-Lichtenhagen und an anderen Orten der sogenannte "Asylkompromiss" beschlossen wurde. Und es ist heute ein Fehler. Die Antwort auf rassistische Hetze darf es niemals sein, die Faschos und Nazis mit rassistischen Gesetzen zu belohnen.
Eine echte solidarische Asylpolitik muss rassistische Gesetze abschaffen, und dazu gehört das Stigma der Sammelunterbringung endlich nach mehr als 30 Jahren ad acta zu legen. Denn die Union - mitgetragen von der SPD - hat über Jahre hinweg populistische Hetze in Gesetze umgesetzt, die Rassismus normalisieren. Extreme Leistungskürzungen, schwere Eingriffe in Grundrechte von Asylsuchenden und Erweiterung von Abschiebehaft, um nur Einige zu nennen. Diese Gesetze bestehen weiterhin und halten damit rassistische Verhältnisse am Laufen, die wir jeden Tag bekämfen müssen.
Unter dem Motto "No Lager!" kämpfen wir seit vielen Jahren an der Seite von Geflüchteten gegen dieses Stigma und gegen die gesellschaftliche Isolation, die es mit sich bringt. Hier in der Nähe von Parchim gab es schon vor 20 Jahren Proteste gegen das Dschungelcamp in Tramm und anhaltende Proteste gegen das Aufnahmelager in Nostorf-Horst. Die Probleme in den Lagern sind bis heute die Gleichen wie vor 20 Jahren:
Mit wem man sich in einem Sammellager das Zimmer teilt, kann man sich nicht aussuchen. Man muss mit Menschen auf engstem Raum zusammenleben, egal ob man sich mag oder nicht. Dass es dabei zu Konflikten kommt, ist selbsterklärend. Es fehlen Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre und in den meisten Unterkünften gibt es keine wirksamen Konzepte zum Schutz der Bewohner:innen. Dass vulnerable Menschen wie Kinder, alleinstehende Frauen, traumatisierte Menschen oder Menschen mit Behinderungen es hier noch schwerer haben als andere, liegt auf der Hand.
„Den ganzen Tag schlafen - essen – schlafen“, das ist eine wiederkehrende Beschreibung ihres Alltags vieler Menschen, die in Sammellagern wohnen müssen. Denn die Beschäftigungsmöglichkeiten sind mau. Oft fehlt Zugang zu Internet, Büchern oder anderem nützlichen Material, um zu lernen oder Kontakte zu knüpfen. Hinzu kommen Arbeitsverbote, rassistische Sozialleistungen weit unter dem Existenzminimum und lange Wartezeiten im Asylverfahren, die viele Menschen in Depressionen treiben. Auch die Staatsgewalt belastet Menschen in den Lagern: Nicht nur die eigene, auch die Abschiebung von anderen Menschen sind schreckliche, bisweilen (re-)traumatisierende Momente. Häufig gehen mit einer Abschiebung die widerrechtliche Durchsuchung privater Räume und nächtliche Befragungen einher.
Sammelunterkünfte liegen oft sehr abgelegen. Sie sollen zwar qua Verordnung in Mecklenburg-Vorpommern „an einen Ortsteil angebunden“ sein - doch was für Ortsteile das sind, ist nicht näher beschrieben. Die Sammellager werden zudem immer größer, weil der Staat so seinen Kontrollfetisch und das Dogma "Abschiebung um jeden Preis" besser befriediegen kann.
Und so sollen auch hier im Landkreis hunderte Menschen in einem kleinen Ort untergebracht werden, dessen Infrastruktur dafür definitiv nicht ausgelegt ist. Busanbindung, Kitaplätze, medizinische Versorgung, Arbeit (um hier nur einige Stichworte in den Raum zu werfen) fallen nicht einfach so für mehrere hundert Menschen vom Himmel.
Wir müssen uns aus einer solidarischen Position heraus gegen die Einrichtung von Sammellagern wehren und klar sagen: No Lager! Echte dezentrale Unterbringung für Asylsuchende!
Unser erster Schritt muss dabei immer Richtung derjenigen weisen, die von der rassistischen Lagerpolitik betroffen sind. Ob es Initiativen auf Lesvos oder in Italien sind, die die Menschen direkt nach der Ankunft in Europa supporten, oder ob es No-Lager-Aktionen hier in MV sind: Wir müssen die unsichtbaren Grenzen überwinden, die rassistische Gesetze und Isolationspolitik zwischen Menschen ziehen!
Say it loud, say it clear: Refugees are welcome here!