Bezahlkarte: Das sagen Betroffene

Bezahlkarten für Asylsuchende sind rassistische Politik. Sie sind ein Beispiel dafür, wie SPD, Grüne und in MV auch DIE LINKE rechte Hetze und Vorurteile zu rassistischen Gesetzen machen, obwohl sie sich selbst als Vertreter:innen progressiver Politik sehen.


Hintergrund: MV plant noch dieses Jahr die sog. Bezahlkarte einzuführen. Asylsuchende bekommen dann kein Bargeld mehr. Man bezahlt lieber viel Geld an ein Unternehmen, um Asylsuchenden digitale Gutscheine auszustellen, mit denen sie - unklar wo - einkaufen müssen. Das sagen Betroffene dazu:

Zunächst einmal: Wer als Flüchtling in Deutschland Zuflucht sucht, denkt sicherlich nicht daran, ob er hier Bargeld oder eine Bezahlkarte erhält. Die Karte hat daher keinen Einfluss auf den Prozess der Reduzierung von Flüchtlingen. Aber es entfremdet sie noch mehr von der Gesellschaft. Es hindert sie daran, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, es führt dazu, dass die Flüchtlinge ein Gefühl des Hasses gegenüber Deutschland entwickeln und, was am wichtigsten ist, es führt dazu, dass mehr Menschen nach illegaler Arbeit suchen und sich nicht an die Regeln halten und diese nicht respektieren. Denn unserer Meinung nach ist dieses Verhalten ein unmenschlicher und rassistischer Akt, der uns von Deutschland und der deutschen Bevölkerung trennt und den armen Teil der Gesellschaft immer ärmer macht.

Dieses Geld [das wir jetzt bekommen] reicht nicht einmal für einfache Lebensmittel. Ich glaube nicht, dass ein Flüchtling etwas von diesem Geld sparen oder es seiner Familie schicken kann. Ich bekomme zum Beispiel 413 Euros im Monat, während dieses Geld 460 Euro betragen sollte. Ich zahle monatlich 50 Euros für das Ticket und etwa 50 Euros für die SIM-Karte. Und ich will das Internet. Da bleiben knapp 300 Euros übrig. Glauben Sie, dass man mit 300 Euros Lebensmittel, Kleidung und Zigaretten für einen Monat kaufen kann??? Natürlich nicht.

Die Bezahlkarte führt dazu, dass die Menschen die moralischen Grundsätze und Gesetze Deutschlands nicht respektieren, zum Beispiel: Sie verdienen ihren Lebensunterhalt als illegale Arbeiter und haben eine negative Einstellung gegenüber den Deutschen, der Regierung und der Gesellschaft.

Es ist wirklich überraschend und es stimmt, dass die AfD nicht regiert, aber genau die ganze flüchtlingsfeindliche Politik und Forderungen, die sie hat, werden Tag für Tag umgesetzt. Warum will Deutschland zurück ins Jahr 1933, anstatt vorwärts zu gehen? Warum machen Sie es härter für die Asylsuchenden, die keine andere Wahl haben, als aus ihrem Land zu fliehen?

Sie wollen, dass wir uns in die Gesellschaft integrieren, aber sie erlauben es nicht. Sie sagen, man muss die Sprache lernen, aber sie erlauben es nicht. Sie sagen, man muss arbeiten, aber wenn wir einen Job finden, müssen wir einige Monate auf eine Arbeitserlaubnis warten. Letztlich willigt der Arbeitgeber nicht ein, weil er sicher nicht so lange warten kann.

Wir fühlen uns nicht wie ein Mensch, sondern wie eine Maschine, wie eine Akte.

- kurdischer Aktivist, der der organisierten Opposition gegen das islamistische Regime Iran angehört

Die deutsche Regierung möchte verhindern, dass Geflüchtete Geld an ihre Familien schicken. Was denkst du dazu?

Assad hat es nicht geschafft meine Familie zu töten. Jetzt will die deutsche Regierung sie durch Hunger töten?

- syrischer Aktivist, dessen Familie in Idlib lebt und anhaltenden Luftangriffen durch das syrische Regime (unterstützt von Russland) ausgesetzt ist

Viele Fragen

Die neue Geldkarte für Flüchtlinge wirft bei mir viele Fragen auf: Wo wird sie gültig sein? Werden wir nur bestimmte Produkte in bestimmten Supermärkten kaufen können? Werden wir online einkaufen können? Werden wir in kleinen Geschäften einkaufen können? Verkaufen die Geschäfte, die diese Karte akzeptieren werden, alle grundlegenden Produkte, die Flüchtlinge benötigen?
Ist dies eine neue Art der Kontrolle der Menschen? Kann die neue Karte zu neuen Formen der Korruption führen?

- Aktivist aus Mexiko, der dort die Korruption bekämpft hat

Ostseezeitung vom 5.2.2024: "Geflüchtete aus Stralsund berichten: Bezahlkarte stoppt Überweisungen ins Ausland nicht" (Paywall).

„Normalerweise bleiben 150 Euro auf dem Konto und man hebt 250 Euro ab. Mit dem Konto werden Rechnungen bezahlt. Handy, Fitnessstudio, ein Ticket für den Bus oder die Bahn“, rechnet Faruk Çakmak vor und erklärt weiter: „Von den 250 Euro lebt man im Monat.“ Seine Bedenken gegenüber der Bezahlkarte sind aber die gleichen, wie von vielen Menschen in Deutschland, die gerne mit Bargeld zahlen. Viele kleine Geschäfte bieten nach wie vor keine Kartenzahlung an, von Visa ganz zu schweigen.

Hoch die internationale Solidarität!

Aus solidarischer Perspektive müssen wir die Bezahlkarte komplett ablehnen. Es ist keine progressive Politik, rassistische Kontrollinstrumente wie die Bezahlkarte zu übernehmen und "menschenrechtskonform" zu „anzuwenden“. Vorschläge in diese Richtung, wie sie zB PRO Asyl aufstellt und vom Flüchtlingsrat MV aufgegriffen werden, laufen zwangsläufig komplett ins Leere. Die Bezahlkarte dient im Kern der rassistischen Kontrolle von Asylsuchenden. Vermeintliche Menschenrechtsstandards ändern daran nichts oder werden nicht umgesetzt werden, weil sie die Kontrollfunktion der Karte aufheben würden. Und selbst wenn diese Minimalforderungen aufgegriffen würden, bliebe es dabei, dass die Bezahlkarte das perfekte Werkzeug für zukünftige Unterdrückung ist -selbst wenn sie vorläufig noch nicht komplett genutzt würde.

Deshalb: Bezahlkarte stoppen!